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An fünf Orten im Liborianum nimmt Sie unser Kapuzinermönch aus längst vergangenen Zeiten mit auf eine Reise durch die Vergangenheit. Warum kamen die Kapuzinermönche nach Paderborn? Welche Orte waren für die Mönche im Liborianum bezeichnend? Und wie hat sich das Liborianum vom Kloster bis zum Bildungs- und Tagungshaus
gewandelt?
Die fünf Orte können unabhängig voneinander oder als Stationsgang besucht werden. An jeder Station befindet sich ein
QR-Code, welcher mit einem Smartphone oder Tablet eingescannt werden kann.
Daraufhin öffnet sich der Internetbrowser, durch den unser Avatar-Mönch über den Bildschirm des jeweiligen Endgerätes an den ausgewählten Ort projiziert wird.
Mit Hilfe der Augmented Reality (erweiterte Realität) lässt der Kapuzinermönch die Geschichte unseres Hauses lebendig werden. Viel Spaß beim Entdecken!
Im Dezember 1612 berief der Paderborner Domdechant Arnold von Horst, im Auftrag von Fürstbischof Dietrich von Fürstenberg, die Kapuzinermönche nach Paderborn. Sie waren in der Bischofsstadt unter anderem für die Fürsorge der Armen, Schwachen und Kranken verantwortlich.
Die den Mönchen 1621 gestiftete Klosteranlage wurde jedoch sehr schnell baufällig und musste 1674 neu errichtet werden. Daher befindet sich über dem Haupteingangsportal des heutigen Liborianums die Jahreszahl 1674.
Die Inschriftentafel im Eingangsbereich des Liborianums bezeugt, dass Arnold von Horst, Domherr von Paderborn, den Kapuzinerbrüdern 1621 ein Grundstück in Paderborn stiftete und dort aus eigenen Mitteln ein Kloster sowie eine Klosterkirche errichten ließ. Sein Wappen schmückt den Mittelpunkt der Tafel und erinnert noch heute an den Ursprung des Liborianums.
Der Begriff des Oratoriums, von lateinisch orare – beten, geht zurück auf frühchristliche Versammlungsstätten, in denen sich die Glaubenden zum Gottesdienst und zum Beten trafen. Das Oratorium also ist ein Raum der Betenden. Im Verlauf der Geschichte wurde das Oratorium zu einer Kapelle, die beispielsweise Mönchen als kleinerer privater oder halböffentlicher Gebetsraum diente. Auch im Liborianum hatte das Oratorium bis zu seiner Aufhebung als
Kloster im Jahr 1834 diese Funktion für den klösterlichen Alltag.
Das Oratorium im Liborianum liegt östlich des Chorraums der Kapuzinerkirche, zu der es auch baulich gehört. Das Ensemble entspricht in seinem Bauschema zunächst den typischen Regeln des Kapuzinerordens: An eine große barocke, einschiffige und vierjochige Saalkirche mit eingezogenem Chorraum schließt sich im Osten das Oratorium an. Damit hatte dieses eine Verbindung zur Klosterkirche, war jedoch gleichzeitig ein eigener ruhiger Raum zum persönlichen Gebet für die Paderborner Kapuzinermönche. Heute stehen im rötlich verzierten Oratorium eine elektrische Orgel und Stuhlreihen.
Zum typischen Aufbau eines Kapuzinerklosters gehörte zudem auch der Totenkeller. Dieser bildete die Grabanlage des Klosters, die auch heute noch direkt unter dem Oratorium des Liborianums zu finden ist. Zwischen 1687 und 1809 wurden hier 76 verstorbene Kapuzinermönche des Klosters bestattet. Die Gräber sind in drei übereinander gelegenen Reihen angeordnet, deren oberste jeweils ein kleines Gewölbe trägt. In ihrer Formgebung ähneln sie damit den jüdischen Schiebegräbern zur Zeit Christi.
Neben den Gräbern stehen im Totenkeller zwei Weihwasserbecken und ein Kreuz. Zudem findet sich in der zum heute als Gästeparkplatz genutzten Hof des Liborianums gerichteten Wand zwischen zwei kleinen Lukenfenstern eine Vertiefung, in der eine Marienstatue steht.
Während der Totenkeller im zweiten Weltkrieg als Luftschutzkeller diente, ist er heute für die Öffentlichkeit nicht zugänglich. Grund dafür sind die je unterschiedlichen, unebenen und brüchigen Stufen, die einen sicheren Zugang verwehren. Vielleicht denken Sie aber bei Ihrem nächsten Gang durchs Liborianum oder dem Besuch der Kirche daran, welcher Hidden Place der Klostergeschichte sich hinter und unter den Mauern des Kirchenbaus verbirgt.
Ein Text von Elisabeth Wedeking
Versteckt ist dieser Hidden Place eigentlich nicht. Und doch birgt der ausgewählte Ort einige spannende Details. Es geht um einen der Innenhöfe des Liborianums, welcher durch den Kreuzgang des ehemaligen Kapuzinerklosters gebildet wird. Derartige Innenhöfe nennt man auch claustrum, was aus dem Lateinischen im weiteren Bedeutungssinn mit verschlossener Ort übersetzt werden kann. Auch der Begriff Kloster stammt vom Wort claustrum ab.
Eine recht unscheinbare Holztür führt in den begrünten Hof. Zunächst fällt der Blick auf die Nord-Fassade der Kapuzinerkirche. Die von Nikolaus Bette nach dem Zweiten Weltkrieg entworfenen Kirchenfenster zeigen Szenen aus dem Leben des hl. Franz von Assisi. Und auch den Brunnen unterhalb der Kirchenfenster in der Mitte der nördlichen
Begrenzung des Innenhofs ziert eine Darstellung des oftmals Franziskus genannten Heiligen. Die Skulptur zeigt ihn in einem noch heute typischen franziskanischen Habit vor einem Baum, seine Arme fürsorglich-predigend ausgebreitet. Der Baum und das Wasser des Brunnens können mit seiner Liebe zur Bewahrung der Schöpfung in Verbindung gebracht werden.
Doch was hat Franziskus mit dem Liborianum beziehungsweise dem ehemaligen Kapuzinerkloster zu tun? Franz von Assisi gründete zu Beginn des 13. Jahrhunderts den Orden der Minderen Brüder, welcher sich der Nachfolge Christi widmete. Die einfache Lebensweise, ein Leben im Dienste der Armen und Kranken, traf den Zeitgeist des Mittelalters. Viele Gefährten schlossen sich Franziskus an und in kürzester Zeit verbreitete sich der Orden in ganz Europa. Aus dem Orden der Minderen Brüder entstanden unter anderem der Franziskaner- und der Kapuzinerorden. Diese gehören zu den sogenannten Bettelorden, da sie das Gebot der Armut befolgen und jeglichen Besitz ablehnen, um sich ganz der Fürsorge der Armen, Kranken und Schwachen hingeben zu können. In dieser Art und Weise lebten und wirkten auch die
Kapuzinermönche in Paderborn.
Im Dezember 1612 berief der damalige Paderborner Domdechant im Auftrag des Fürstbischofs Dietrich von Fürstenberg die Kapuziner nach Paderborn. Über 200 Jahre lang war das heutige Liborianum ein Kapuzinerkloster, in dem sich die Mönche der Seelsorge und der sozialen Arbeit für die Bedürftigen der Stadt widmeten. Noch heute erinnert die Figur des hl. Franz von Assisi, Ordensvater der Kapuziner, im Innenhof des Liborianums an das Wirken der Kapuzinermönche in Paderborn.
Ein Text von Linda Michalke
Betritt man das Liborianum durch den Haupteingang, geht den ehemaligen Kreuzgang entlang und das erste Treppenhaus hinauf, so befindet man sich vor unserem Crescimus-Fenster. Wenn das Haus gut besucht ist und die vielen Bildungs- und Tagungsgäste, Übernachtungsgäste und Mitarbeitenden durch die Gänge eilen, kann es vorkommen, dass man das Fenster kaum wahrnimmt. Wir möchten Sie in der Reihe Hidden Places auf besondere Orte im Liborianum aufmerksam machen und starten mit dem spannenden Fenster im ersten Obergeschoss des Bildungs- und Tagungshauses.
Das vierteilige Fenster setzt sich aus vielen kleinen Butzenscheiben zusammen, welche mit Blei eingefasst wurden. In den zwei unteren Teilen werden die Butzenscheiben von bunten Flächen unterbrochen. Es sind Glasmalereien, die Wappen, Bilder und Schriftzüge zeigen. Im linken Bereich befindet sich das Wappen von Lorenz Kardinal Jäger. Er war von 1941 bis 1973 Erzbischof von Paderborn. Die mehrteilige Fläche setzt sich oben aus dem Wappen des Erzbistums Paderborn (links) und dem Christusmonogramm (rechts) zusammen. Unten befinden sich ein Fächer aus Pfauenfedern als Symbol für den hl. Liborius, der Bistumspatron Paderborns ist (links) und ein Feld, in dem ein rotes Ankerkreuz zu sehen ist, welches darauf hinweist, dass die Fürstbischöfe von Paderborn früher Grafen von Pyrmont waren (rechts). Gesäumt wird die farbige Fläche von dem Wahlspruch Lorenz Kardinal Jägers: VITA ET PAX (lat.: Leben und Frieden).
Der rechte Bereich des Bleiglasfensters zeigt ein mehrteiliges Bild. Es setzt sich zusammen aus einer orange leuchtenden Sonne, deren Strahlen fächerförmig nach unten und zur Seite ausgerichtet sind. In sehr feinen Linien werden sie im mittleren Teil des Bildes fortgeführt, den Bildmittelpunkt bildet jedoch ein noch junger Baum, der erste grüne Blätter trägt. Er wächst aus dem unteren Teil des Bildes aus der braunen Erde, welche von grünen Farbflächen bedeckt wird. Auch diese Glasmalerei wird von einem Schriftzug gesäumt: CRESCIMUS (lat.: wir wachsen).
Das Fenster stammt aus der Zeit, als das Liborianum ein Knabenseminar war. Mit Unterbrechungen im Kulturkampf und im Zweiten Weltkrieg diente das Klostergebäude lange Zeit – von 1846 bis 1979 – als Jungen-Internat des Erzbistums. Das Wappen Lorenz Kardinal Jägers deutet darauf hin, dass das Fenster in seiner Amtszeit als Erzbischof entstand. Wahrscheinlich ist eine Fertigung und Anbringung nach 1945, da das ehemalige Kapuzinerkloster während des Zweiten Weltkriegs im März 1945 stark zerstört wurde.
Wir wachsen – der Leitspruch des Knabenseminars wies die jungen Schüler jeden Tag auf ihren physischen und geistigen Wachstumsprozess hin, welcher im Bischöflichen Knabenseminar gefördert werden sollte. Die Motive der Sonne und des wachsenden Baumes können außerdem an die Menschwerdung Gottes in Jesus, dem "aufstrahlende[n] Licht aus der Höhe" (Lk 1,78) und dem "jungen Trieb" aus dem "Baumstumpf Isais" (Jes 11,1) erinnern, so der ehemalige Direktor des Liborianums Stephan Winzek.
Kurz vor seinem Ruhestand formulierte Stephan Winzek im Weihnachtsgruß von 2018: "Ich wünsche dem Liborianum, dass es auch in Zukunft ein Ort des Wachsens ist, ein Haus, in dem Menschen durch Begegnung, durch gemeinsames Lernen und Arbeiten wachsen können, manchmal vielleicht sogar über sich selbst hinaus." Das Zitat zeigt deutlich, dass das so genannte Crescimus-Fenster bis heute nicht an Bedeutung und Aktualität verloren hat. Vielleicht nehmen auch Sie das Fenster bei Ihrem nächsten Besuch im Liborianum ganz neu wahr.
Ein Text von Linda Michalke