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Paderborn. Um die gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit Demenz geht es in der „Woche für das Leben 2022“. Die bundesweite ökumenische Aktionswoche findet vom 30. April bis zum 7. Mai auch im Erzbistum Paderborn statt. Das Thema ist brisant: Fachleute schätzen, dass bis 2030 etwa 2,8 Millionen Menschen in Deutschland an Demenz erkranken.
Eine wirksame Therapie für Demenz gibt es auf absehbare Zeit nicht, betonte Johannes Pantel, Professor für Altersmedizin an der Goethe-Universität in Frankfurt a.M. Pantel war einer der Referenten der zwei Informationsveranstaltungen, die das Erzbistum Paderborn Organisatoren und Multiplikatoren zur Vorbereitung auf die „Woche für das Leben“ angeboten hatte. Die Medikamente gegen Demenz, die zurzeit zur Behandlung zugelassen sind, seien wenig wirksam, sagte Pantel: „Wir stehen mit leeren Händen da.“
Weil therapeutische Ansätze keinen Erfolg versprechen, wird in der Betreuung von Menschen mit Demenz ein palliativer Ansatz wichtig, der Symptome lindert und die Selbstständigkeit, Individualität und das Wohlgefühl der Betroffenen erhält. Doch Demenz ist auch ein soziales Tabu. Wer erkrankt, stößt auf soziale Ausgrenzung und Stigmatisierung.
Demenz verändert die Persönlichkeit der Erkrankten. Die Individualität scheint sich aufzulösen. Die Gefahr, dass Menschen mit Demenz deshalb die Menschenwürde abgesprochen wird, war ein zentrales Thema der „Woche für das Leben“. Die Tagungen in Paderborn und Schwerte suchten Antworten in der christlichen Ethik: Weil jeder Mensch Geschöpf Gottes ist, komme jedem Menschen eine personale Würde zu. Alle Menschen sind in allen Phasen ihres Lebens Personen und stehen unter dem Schutz der Menschenwürde – auch Menschen mit Demenz. Dieser Überzeugung entspricht der erste Artikel des Grundgesetzes. „Die Würde des Menschen ist unantastbar“, heißt es dort.
Dr. Werner Sosna, zentraler Koordinator der „Woche für das Leben“ im Erzbistum zitierte ein aktuelles Wort von Papst Franziskus, der in einem Aufsatz über das Alter eine neue „Sensibilität der Seele“ eingefordert hatte. Notwendig sei eine „Kultur der Zärtlichkeit“, so der Papst – eine Kultur, die von der „menschlichen Sensibilität für andere“ geprägt wird.
Die personenzentrierte Pflege, wie sie im Haus St. Antonius in Paderborn gelebt wird, kommt der Forderung des Papstes bereits sehr nahe. Birgit Hasenbein ist Leiterin der Caritas-Einrichtung, die sich auf die Betreuung von Menschen mit Demenz konzentriert. Sie beschrieb während der Tagung, wie das „Person-Sein“ des Erkrankten im pflegerischen Alltag gestärkt wird. Das Verhalten von Menschen mit Demenz sei als Bedürfnis interpretierbar, auf das Pflegende sensibel und aus ihrer professionellen Kompetenz heraus reagieren. Das kann man lernen. Im Haus St. Antonius ist deshalb das Beratungszentrum mit seinen Workshops und Kursen für pflegende Angehörige und andere Betroffene eine wichtige Anlaufstelle.
Die große Herausforderung bleibt jedoch die gesellschaftliche Inklusion von Menschen mit Demenz. Besser als Projekte, bei den Menschen mit Demenz in Chören singen oder in Ateliers malen, sei es, „wenn Menschen mit Demenz in ganz normalen Chören mitsingen“ könnten, sagte Birgit Hasenbein. Diese Haltung von Akzeptanz und Sensibilität würde der Forderung von Papst Franziskus gerecht: Ein solcher Chor würde tatsächlich für eine „Kultur der Zärtlichkeit“ stehen.
Info
„Mittendrin. Leben mit Demenz“ lautet der Titel der „Woche für das Leben 2022“ Sie findet vom 30. April bis zum 7. Mai in vielen Orten des Erzbistum Paderborn statt. Weitere Informationen unter www.woche-fuer-das-leben.de
Karl-Martin Flüter, Redakteur Der Dom