Sehnsucht nach Zeiten des Innehaltens

Online-Diskussion „Sind wir noch zu retten?“ fragt nach der aktuellen Krise der Kirche und dem Sinn von Unterbrechungen.

„Sind wir noch zu retten?“ Diese herausfordernde Frage stellte die Online-Forumsreihe „Kultur im Wandel“ mit Blick auf die aktuelle Situation der Kirche. Barbara Hucht, stellvertretende Leiterin der Beratungsdienste im Erzbistum, moderierte die Online-Diskussion am 7. März und konfrontiert die drei Gäste auf dem Podium zu Beginn mit einer weiteren Frage: Kann die Kirche angesichts der unruhigen Zeiten überhaupt noch so weitermachen wie bisher? Oder braucht es eine Unterbrechung, ein Innehalten, um neue Kraft zu tanken?

Vor allem der Missbrauchsskandal hätte die Kirche in eine tiefe Krise gestürzt, die sich auch in schwindenden Mitgliederzahlen zeige, so Hucht. Vor diesem Hintergrund stelle sich die Frage: Markiert das Zielbild 2030+ den Weg in die Zukunft? Wie kann es ganz praktisch genutzt werden – auch für Unterbrechung in Krisensituationen? Und was braucht es darüber hinaus?

 

Neues Trainingsbuch mit vielen Impulsen

Um Gemeinden dabei zu helfen, sich mit dem Zielbild 2030+ aktiv auseinanderzusetzen und dabei selbst kreativ zu werden, wurde das neue Trainingsbuch entwickelt. Dabei handelt es sich um ein interaktives Angebot, das auf der einen Seite eine Fülle an Impulsen gibt, auf der anderen Seite aber auch dazu einlädt, das eigene Mitgestalten zu verändern oder neu zu denken.

Dr. Annegret Meyer gehört zur Prozessleitung 2030+ und ist gemeinsam mit ihrem Team für das Trainingsbuch verantwortlich. Sie erklärte seine Entstehung: „Ärmel hoch, jetzt tun wir etwas. Im Grunde hat es so begonnen.“ Die tiefer liegende Frage sei aber gewesen, mit welchem Kirchenbild man überhaupt in die Zukunft gehen kann.

Die aktive Auseinandersetzung mit einzelnen Themenfeldern und deren Fragestellungen stehe im Zentrum, weshalb man das Trainingsbuch auch als eine Art interaktiver Materialkoffer beschreiben könne. Das Ziel formulierte Meyer ganz konkret: Es gelte Brücken zu schlagen zum Alltag, in Form eines digitalen Weges. In sieben Etappen, die inhaltlich und methodisch aufeinander aufbauten, seien die Nutzerinnen und Nutzer des Trainingsbuches eingeladen, diesen Weg zu gehen.

Angesichts der aktuellen Geschehnisse in Kirche und Welt habe man sich kurzerhand entschlossen, ein zusätzliches Kapitel einzufügen, erklärte Annegret Meyer weiter. Das sogenannte Wüstenkapitel sei als bewusste Unterbrechung gedacht und beschreibe damit ganz gut die Gefühlslage vieler Menschen in der gegenwärtigen Zeit.

Interaktives Trainingsbuch

 

Zeiten der Unterbrechung haben große Bedeutung

Dem konnte Monsignore Dr. Michael Bredeck, Leiter des Bereichs Pastorale Dienste, nur zustimmen. Es brauche im pastoralen Entwicklungsprozess gezielt eine Unterbrechung, um sich geistig und mental neu aufzustellen. Viele Menschen würden sich die Frage stellen, wo im Hinblick auf die Fülle an Themen, die aktuell anzupacken seien, überhaupt noch eine Zeit für Unterbrechungen bleiben solle. Dies sei zwar richtig, so Bredeck, der sich aber dennoch sicher war, dass regelmäßiges Innehalten und Kraftquellen von großer Wichtigkeit seien, um zielgerichtet nach vorn zu gehen.

Vervollständigt wurde die Diskussionsrunde von Clemens Prokop von der trust your ears gmbh, die das Erzbistum im Rahmen der kreativen Umsetzung des Trainingsbuchs begleitete. Die Idee des Wüstenbildes als Möglichkeit einer Unterbrechung sah er in der bewussten Rückbesinnung auf biblische Geschichten. Die Wüste sei in vielen Geschichten der Bibel ein Sinnbild für die Überforderung. Deshalb spreche das zusätzliche Kapitel ganz konkret die Einladung aus, sich das Wüstenbild als Kraftquelle für eine bewusste Unterbrechung heranzuziehen und zu reflektieren, wo man gerade stehe und wo es hingehen solle.

 

Gemeinsam in die Zukunft

Das Trainingsbuch lade bewusst dazu ein, neue Ideen zu entwickeln, um Kirche aktiv zu gestalten, so Dr. Annegret Meyer. Es habe zum Ziel, neue Impulse im kirchlichen Kontext zu gewinnen, „um den Weg, der vor uns liegt, gemeinsam zu gehen.“ Wenn man sich auf die Gemeinsamkeiten besinne, entschlossen sei, Kirche aktiv zu gestalten und sich nicht davor scheue, Herausforderungen anzugehen, würde dies auch gelingen.

Dem konnten sich ihre beiden Gesprächspartner nur anschließen. „Wir verstehen uns zu allererst als Geschwister im Glauben“, sagte Monsignore Dr. Bredeck. Dies müsse man sich bei aller Herausforderung immer wieder neu bewusst machen.

 

Reihe „Kultur im Wandel“

Die Online-Forumsreihe „Kultur im Wandel“ bietet einen Diskussionsraum, in dem erfahrene Praktikerinnen und Praktiker kurze Impulse aus ihren Tätigkeitsfeldern geben. Veranstaltet wird dieses Online-Forum von der Abteilung Glauben im Dialog in Kooperation und Trägerschaft des Bildungs- und Tagungshauses Liborianum. Eine Besonderheit ist, dass sich alle Teilnehmenden im Chat mit ihren Fragen und Perspektiven einbringen können.

 

Ein Beitrag von: Anna PetriFreie Mitarbeiterin
Erzbischöfliches Generalvikariat, Abteilung Kommunikation, Team Redaktion